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Turn- und Gymnastikanzüge im Wandel der Zeit

Von der allgegenwärtigen Sportkleidung zum Wettkampfanzug
Das Wort "Gymnastik" kommt bekanntlich aus dem Griechischen. Im alten Griechenland hatten gymnastische Übungen einen hohen Stellenwert und waren größtenteils Männern vorbehalten. Geturnt wurde seinerzeit in der Regel nackt. (Weitere historische Informationen siehe Wikipedia.
Nackt Turnen ist natürlich (bis auf einzelne Ausnahmen) schon lange keine Option mehr. In vielen Bereichen der Gymnastik und des Turnsports kommt es allerdings entscheidend auf die korrekte Ausführung der Übungen (Körperhaltung) an. Dies betrifft natürlich ganz besonders den Wettkampfsport, wo die Haltung entscheidend für die Bewertung ist. Aber natürlich auch im Training für den Wettkampf, aber ebenso im ganz alltäglichen Fitnesstraining sollte die präzise Ausführung der Übungen von einem Trainer überwacht werden können. Dies aber geht am besten bei sehr körpernaher Kleidung, da andernfalls die Haltung oft nicht wirklich sichtbar ist.
Eine weitere wichtige Anforderung an Turn- und Gymnastikkleidung ist sicherlich, dass sie nicht verrutschen soll. Ein weites T-Shirt ist bei einer Übung mit Kopf nach unten (z.B. Handstand) im besten Fall lästig, mitunter aber auch einfach peinlich.
Zumindest bei Mädchen und Frauen hat sich deshalb seit den 70er Jahren der Gymnastik- bzw. Turnanzug bewährt. (Gegebenenfalls ergänzt durch Strumpfhose, schmale Turnhose oder Leggings.) Bis Mitte der 90er Jahre war dieser in unteschiedlichen Formen die häufigste Sportkleidung bei Mädchen und Frauen in den Bereichen Turnen, Gymnastik, Fitness und Aerobic. Erst nach Mitte der 90er Jahre geriet der Gymnastikanzug aus der Mode und ist bis heute im Breitensport nicht mehr vertreten. (Eng geschnittene Shirts und Tops haben ihn verdrängt und ersetzen ihn mehr oder weniger gut.) Nur in Wettkampfsportarten wie Turnen, Rhythmische Sportgymnastik und ein paar wenigen anderen ist der Turnanzug die Standardbekleidung. Im Ballett dienen Bodys (englisch: leotard) häufig als Trainingskleidung, da es auch hier auf eine sehr korrekte Körperhaltung ankommt.

Klassische Turn- und Gymnastikanzüge der 70er und 80er Jahre

Gymnastikanzug 70er 80er Jahre
Gymnastikanzug aus Helanca®
Turnanzug aus Baumwoll-Stretch mit Strumpfhose und Schläppchen
Turnanzug aus Baumwoll-Stretch
mit Strumpfhose und Schläppchen
Ob im Schulsport oder in der "Turnstunde" für Erwachsene (Fitness-Studios gab es damals noch nicht), der Turnanzug war regelmässig anzutreffen als Bekleidung von Mädchen und Frauen. Die häufigste Form war der Anzug mit kurzen Ärmeln, es gab aber auch langärmelige Ausführungen ebenso wie ohne Ärmel. Da diese Anzüge meist keinen Verschluß im Schritt hatten, war der Halsausschnitt relativ groß, so dass man ihn von unten her anziehen konnte. Die häufigste Farbe war schwarz, aber auch blaue und rote Anzüge waren ebenso zu sehen wie andere Farben. Oft hatten die Anzüge irgendwelche Streifen auf der Seite. (Von Adidas natürlich die "drei Streifen")
Es gab zu der Zeit im wesentlichen zwei Materialien: Zum einen Gymnastikanzüge aus 100% Polyamid, oft unter dem Markennahmen Helanca®, was wohl die bekannteste Variante war. Daneben gab es aber (zumindest in den 80er Jahren) auch Anzüge aus einem elastischen Baumwoll-Elasthan-Gemisch. Letztere waren dehnbarer als die Anzüge aus Polyamid.
Im Laufe der 80er Jahre bekamen diese Anzüge Konkurrenz in Form der modischen Aerobic-Bekleidung aus "Lycra"® (Siehe unten). Die klassische Variante des Gymnastikanzugs war aber bis in die 90er Jahre hinein im Handel.
Die klassischen Turnanzüge wurden zum Teil solo getragen (also ohne Beinbekleidung). Oft aber auch in Kombination mit der klassischen Gymnastikhose/Steghose, die wie die Anzüge meist aus 100% Polyamid hergestellt war und natürlich schmal geschnitten. (Diese Hose wurde - im Gegensatz zur Aerobic-Bekleidung der 80er/90er Jahre - über dem Gymnastikanzug getragen.) Es existieren allerdings auch viele Belege (vor allem aus den 70er Jahren) dafür, dass unter dem Turnanzug eine Strumpfhose getragen wurde. Als Schuhwerk waren zu dieser Zeit die Gymnastik-Schläppchen sehr verbreitet.

Aerobic- und Fitness-Outfits aus "Lycra"® in den 80er/90er Jahren

Kurzarm-Body mit Leggings
Kurzarm-Body mit Leggings
Body ohne Arm mit Radlerhose
Body ohne Arm mit Radlerhose
Mit dem Aufkommen der Aerobic-Welle und den Fitness-Studios in den 80er Jahren erschien auch eine neue Sportmode. Glänzende Outfits (aus ca. 80% Polyamid und 20% Elasthan-Faser, oft auch kurz als "Lycra" bezeichnet) in vielen of knalligen Farben prägen zunehmend das Erscheinungsbild im Fitness-Studio, aber auch beim Joggen und in verschiedenen anderen Sportarten.
Unterschiedliche Sportkleidung wurde aus diesem Material hergestellt. Neben Leggings, Capri-Leggings (knielang) und Radlerhosen (Leggings in Shorts-Länge) auch Gymnastikanzüge ("Bodys") mit und ohne Arme, Catsuits (einteilige Anzüge mit kurzen oder langen Beinen, meist ohne Arm) sowie bauchfreie Tops und "Slips". Diese konnten auf verschiedene Weise kombiniert werden. Ein Standard-Outfit war dabei der Body, unter dem eine Leggings oder Radlerhose getragen wurde.
Statt Gymnastik-Schläppchen trögt man nun feste Sportschuhe in Verbindung mit den berühmt-berüchtigten "Tennis-Socken". Ein Gürtel oder Bein-Stulpen vervollstädigen mitunter das Outfit.
Wie die Leggings in der Alltags-Mode Mitte der 90er Jahre, so geriet auch diese Sportkleidung ziemlich plötzlich aus der Mode. Man kann jedoch bis heute genau diese Art von Sportkleidung in allen Variationen in verschiedenen Shops für Sport- und Tanzkleidung kaufen. (Siehe unter Bezugsquellen) - Getragen wird sie heute hauptsächlich als Trainingsbekleidung in diversen Wettkampfsportarten und im Ballett.

Moderne Wettkampfanzüge

Turnanzug aus Samt
Wettkampfanzug aus Samt
Turnanzug aus Samt mit kurzer Hose
Wettkampfanzug aus Samt
mit kurzer Hose aus Samt
Bei Wettkämpfen in Sportarten wie Turnen oder Rhythmische Sportgymnastik sind Turnanzüge seit langem Standard. Neben der Funktion ist hier auch ein edles, elegantes oder besonders auffälliges Erscheinen angesagt. Traditionell wurden und werden hier gerne Anzüge aus Samt verwendet, in verschiedenen Farben und Mustern, oft mit Straßsteinen verziert.
Seit nun doch schon einigen Jahren treten aber auch Anzüge aus moderneren Materialien in Erscheinungen. Hier sind insbesondere hochglänzende (folien-artige) Metallic-Stoffe in verschiedensten Farben und Mustern, zum Teil mit speziellen Effekten (Hologramm-Optik) gefragt. Diese werden meist in aufwendigen Mustern zusammen mit klassischem Samt verarbeitet. Sowohl die High-Tech Stoffe als auch die aufwendige Herstellung sorgen dafür, dass derartige Anzüge oft sehr teuer sind.

Bezugsquellen

Hier eine kleine Auswahl an Online-Shops, bei denen unter anderem Turnanzüge in verschiedensten Materialien und Ausführungen bestellt werden können:

Lycotex
chamaeleon style
TT-Gymnastics